Gelitten für dich …
Ein Gebet in der Passionszeit
Ich tue mich schwer, Gott, mit dem „für mich gelitten“.
Ich möchte autonom sein:
selbst-bestimmt, selbst-gemacht, selbst-gerecht.
Ich möchte nicht abhängig sein,
da bin ich dann ausgeliefert,
und, vielleicht, wenn jemand das nicht ausnützt,
bekomme ich etwas,
und dann fühle ich mich schuldig,
müsste am Ende noch dankbar sein!
Nein:
Ich brauche nichts.
Ich lebe aus mir selbst heraus.
Ich bin ungebunden, frei,
jederzeit kann ich machen, was ich will.
Ich tue mich schwer, Gott, mit dem „Nehmen“, dem „Annehmen“, dem „Empfangen“.
Ich nehme mir lieber etwas heraus, ich hole mir das, was ich brauche,
ich kann es mir nämlich leisten; schließlich habe ich es mir erarbeitet.
Ich tue mich schwer, Gott, mit dem Erleiden,
mit deinem Leiden
für mich
als Sünder.
Würde ich mich darauf einlassen,
würde ich mich wirklich darauf einlassen,
dann ginge es in mir drunter und drüber
alles, was ich mir so mühsam aufgebaut habe, es würde in Frage gestellt.
Würde ich mich darauf einlassen,
ich fürchte,
vieles in mir würde verrückt werden,
neue Ordnungen würden entstehen,
neue Zusammenhänge ergäben fremden Sinn.
Der Tod würde an Bedeutung verlieren,
das Leben an Bedeutung gewinnen:
nicht mehr die Schale wäre von Bedeutung,
sondern das schlüpfende Küken,
nicht mehr das Samenkorn wäre wichtig,
sondern sein sich vernichten lassen,
eingehen und aufgehen
in der Dunkelheit der Erde.
Ich tue mich schwer, Gott, mich auf dich einzulassen,
loszulassen von all‘ dem, was mich absichert.
Dich zu erleiden, wie du mich erleidest,
für dich leiden, wie du für mich leidest.
Ich tue mich schwer, Gott,
und doch spüre ich:
es tut mir gut,
mehr noch:
du tust mir gut,
AMEN.
Lothar Malkwitz