Predigt über das „Hohe Lied der Liebe“ (1. Korinther 13)

Predigt über 1. Korinther 13, 1-13 am Sonntag Estomihi (19.02.2023)

Liebe Gemeinde,

kann man in Zeiten des Krieges, der mit Grausamkeiten nicht spart, kann man in diesen Zeiten über die Liebe predigen? Über jene Liebe, die “ die alles erträgt, alles glaubt, alles hofft, alles duldet?“

Ist solcher Art zu predigen nicht ein (weiterer) Verrat an den Opfern – an den Unschuldigen? Es gibt doch eindeutig die Invasoren, die Täter. Die, die nicht nur bereit zu Gewalt sind, sondern diese auch ausüben!

Ist es nicht pervers, die Liebe auch auf die Täter anzuwenden?

„Liebt eure Feinde und die die euch verfolgen, auf dass ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.“ (Mt. 5, 44f.)

Liebe Gemeinde, ob man das kann, weiß ich nicht.

Jetzt, im hier und jetzt, ist die Frage, ob ich das kann.

Ob ich dazu bereit bin. Und ich spüre sofort: Es liegt mir nicht nahe.

Näher läge mir, die Notwendigkeit von Verteidigung zu predigen.

Im Sinne von Luthers Zwei-Reiche-Lehre: Im Reich der Welt gibt es Polizei, gibt es Soldaten, gibt es Verbrechensbekämpfung, gibt es Krieg.

Im Reich Gottes gibt es das alles nicht.

Aber was soll ich mir Gedanken über ein Reich Gottes machen, das in dieser Welt nicht existiert.

„Die unfassbaren Kriegsverbrechen und die brutalste Umsetzung lang angekündigter imperialer Phantasien vor aller Augen, verbietet es mir als Christin, meine Sehnsucht nach Frieden rücksichtslos vor das Leid der Menschen in der Ukraine zu stellen.“ Diesen bemerkenswerten Gedanken hat die Regionalbischöfin von Hannover, Petra Bahr, als Reaktion auf das „Manifest für den Frieden“ von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht getwittert.

Sehnsüchte haben nichts mit Liebe zu tun. Sie gehören zum Verliebt-Sein,

Erich Fromm hat in seinem schönen Buch über „Die Kunst des Liebens“ herausgestellt, das Lieben etwas wesentlich Anderes ist als verliebt zu sein.

Verliebt sein kennen wahrscheinlich die meisten unter uns: Es ist das Gefühl mit den Schmetterlingen im Bauch, dass mit einem Mal sich das Leben so leicht anfühlt, so perlend, wie ein schönes Glas Sekt. Um verliebt zu sein, dafür muss man nicht viel tun. Das kommt halt so.

Mit dem Lieben verhält es sich anders, sagt Fromm. Lieben sei eine Kunst. Und da noch kein Künstler vom Himmel gefallen ist, gehört das auch zum Lieben: Es will gelernt sein. Und es muss immer wieder aufs Neue geübt werden.

Übrigens: Im Hebräischen bedeutet lieben: erkennen, wahrnehmen – sich selbst und den Anderen. „Und Adam erkannte sein Weib“ heißt es in der Schöpfungsgeschichte. Darin ist gute, einander wahrnehmende Sexualität eingeschlossen. Ausgeschlossen ist missbräuchliche Sexualität, in der eine Abhängigkeitsbeziehung missbraucht wird für Triebbefriedigung.

Lieben bedeutet: Sich gegenseitig mit Respekt wahrzunehmen, das eigene Eigene und das Eigene des Anderen ernst zu nehmen, sich zu berühren und sich berühren zu lassen, sich füreinander zu interessieren. Liebe hat mit der Fähigkeit zu tun sich vorzustellen, wie etwas für den Anderen ist, mit welchen Augen der Andere auf unsere gemeinsame Welt sieht. Es ist die Fähigkeit, den eigenen Blick auf die Welt zu relativieren.

Hören wir jetzt das „Hohe Lied der Liebe“, wie Paulus es in seinem ersten Brief an die Korinther niedergeschrieben hat. Rüdiger ist so freundlich, den Paulus-Text zu lesen, ich werde versuchen, ihn ein wenig „auszudeutschen“.

DAS HOHE LIED DER LIEBE (1. Korinther 13)

„1 Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen redete und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle.“

So geht es los, das Hohe Lied der Liebe. Und so ist es: Solange ich über die Liebe predige, bleibt meine Predigt kalt, klingt mein Reden wie „tönendes Erz“ oder „eine klingende Schelle“. Es bleibt dann Gerede – irgendwie hohl.

Die Liebe hat mit einer Wärme zu tun, die im Sprechen nicht selbstverständlich enthalten ist. Das Sprechen einer Sprache allein (und sei es die Sprache der Engel, also jener Gestalten, die Gott besonders nahe stehen) verbürgt keine Liebe. Man kann über Liebe reden, man kann über Liebe predigen, ohne Liebe „zu empfinden“. Und natürlich kann man sagen: „Ich liebe dich“ – ohne Liebe. Alles hängt davon ab, ob ich Liebe in mir spüre. Jene Kraft zwischen und hinter den Worten.

2 Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, so dass ich Berge versetzen könnte, und hätte die Liebe nicht, so wäre ich nichts.“

Auch andere großartige Gnadengaben: die Gabe der Prophetie, das Wissen aller Geheimnisse, ja selbst ein Glaube, der Berge versetzen kann, ist ohne Liebe „nichts“ wert. Erst die Liebe bewirkt, dass meine Begabungen und mein Glaube nicht „nichts“ sind. Die Liebe ist die Kraft, die aus meinen Begabungen, aus meinen Möglichkeiten Wirklichkeiten macht. Der Glaube könnte Berge versetzen – die Liebe versetzt Berge: das ist der Unterschied. Der Modus, die Aussageweise der Liebe ist der Indikativ, die „Wirklichkeitsform“! Die Liebe ist die Kraft des Realisierens, des Verwirklichens.

3 Und wenn ich all meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib verbrennen, und hätte die Liebe nicht, so wäre es mir zu nichts nutze.“

Selbst eine radikal selbstlose Einstellung, so dass ich meinen ganzen Besitz aufgebe, so dass ich meinen Körper opfere, wie es die Selbstmordattentäter tun: Ohne Liebe komme ich nicht dahin, wonach sich ein Teil in mir so sehr sehnt.

4 Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf.“

Jetzt erfahren wir genaueres darüber, was die Liebe ist und was sie nicht ist. Sie ist „langmütig und freundlich“! „Langmütig“ – wörtlich „groß-mütig“ (makro-thymeo) – heißt ganz wörtlich: „Einen langen Weg bis zum Zorn haben“! Das Gegenteil dazu ist das bekannte, viel einfachere „schnelle Ausflippen“! In der Liebe drückt sich die Fähigkeit (capacity) aus, sich selbst zu halten und sich selbst zu beherrschen. Die „Contenance“ bewahren.

Eine Fähigkeit, die alltäglich auf die Probe gestellt wird, wenn das Leben, wenn „es“ gerade nicht so läuft, wie ich/wir es erwarten, wenn Menschen gerade nicht so sind, wie ich/wir sie gerne hätten. Wo dann hin mit meinem Ärger, mit meinem Unmut, mit meiner Empörung? Die Liebe ermöglicht mir, diese Gefühle bei und in mir zu (be-)halten und gerade so auszuhalten. Die Liebe, das sind die wiegenden Arme einer liebevollen Mutter, die ihrem schreienden Baby zur Beruhigung ein Lied vorsingt. Die Liebe sagt: Ich kann auch gerade nichts daran ändern, dass dir dein Zahn so weht tut oder dass du Bauchweh hast. Aber schau: Ich bin da. Der Liebe wohnt die Kraft inne da zu sein, auszuhalten. Aus dieser Kraft heraus wendet sie sich nicht vom anderen ab, auch dann nicht, wenn dieser verzweifelt, empört, missmutig ist. Die Liebe nimmt den Ärger, ja den Hass, der ihr entgegen kommt ernst, ohne sich selbst damit zu infizieren. Sie antwortet nicht mit Hass. Vielmehr bleibt sie weich und so bleibt sie weit. Diese Kunst benötigt jeder, der soziale Verantwortung trägt: Sei es als „Chief“ in der freien Wirtschaft, sei es als Politiker, sei es als Lehrer, sei es als Pfarrer. Diese Kunst tut uns auch im Umgang mit uns selber gut: Wenn wir älter werden, wenn unser Körper nicht mehr so funktioniert, wie wir es von ihm gewohnt sind. Wie gut ist es, wenn ich großmütige Freundlichkeit in mir finde, auch und gerade gegenüber den zunehmenden Gebrechen meines älter werdenden Körpers.

In großmütiger Freundlichkeit bleibend sind andere Menschen nicht mehr meine Rivalen. Und ich muss auch nicht mehr um ihre Gunst eifern. Und schon gar nicht muss ich einen Keil treiben zwischen Freundschaften oder Partnerschaften. In der Liebe freue ich mich daran, wenn sich andere Menschen gut verstehen, neide es ihnen nicht, dränge mich nicht dazwischen. So nehme ich mich selbst zurück, mir genügt mein Platz in der Gemeinschaft. Ich muss mich nicht mehr „aufgeblasen“ im Mittelpunkt stehen, oder meinem Freund seine Freundin bzw. meiner Freundin ihren Freund ausspannen.

5 Sie ist nicht ungehörig, sie sucht nicht das ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu.“

Die Liebe ist nicht „ungehörig“, d.h., wer aus der Liebe heraus lebt, der verfügt über Taktgefühl. Er hat kein Interesse daran, den Anderen bloß zu stellen, ihn zu beschämen. Wer aus der Liebe heraus lebt, erlebt sich getragen vom „Fluss“ (englisch „flow“) seines Lebens. Dies fühlt er in einem immer tiefer gehenden, ausatmenden Ja zum eignen Leben – und in einem damit zum Leben seiner Mitmenschen. Und wenn er verletzt wird, findet er einen Weg weg von seinem Hass und Zorn hin zu seinem Mitgefühl und zu seiner Trauer. In der Liebe bleibend bin ich geschützt vor Härte und Verbitterung.

6 Sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit.“

Die Liebe kennt keine Schadenfreude. Kein „recht geschieht es ihm oder ihr“. Die Schadenfreude ist verwandelt in ehrliche Freude – nicht am Schaden, sondern an der Wahrheit. Die Wahrheit aber ist die Wirklichkeit. „Es ist, was es ist!“ (Sagt die Liebe.)

7 Sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.“

Alles zu ertragen, alles zu zu glauben, alles zu hoffen, alles zu lieben: Ist das wirklich Liebe – oder nicht vielmehr Idiotie? Ich bin vor vielen Jahren auf der Heimfahrt von Paris einem Trickbetrüger auf den Leim gegangen. Er sei bestohlen worden, leide an Diabetes und müsse dringend nach Deutschland heimfahren. Ob ich ihm 20.– DM leihen könne um sich eine Fahrkarte zu kaufen. Ich sagte, die Fahrkarte sei doch viel teurer. Und gab ihm 150 DM… Natürlich habe ich das Geld nie wieder gesehen.

War das Ausdruck meiner Liebe – oder meiner Naivität und Gutgläubigkeit?

Dostojewski hat seinen Christus-Roman „Der Idiot“ genannt.

„Wie kannst du nur so blöd gewesen sein?“ habe ich mich selbst viele Jahre beschimpft. Inzwischen bin ich milder geworden. “ Wahrscheinlich hat er das Geld dringender gebraucht als ich“, denke ich mir. Und zugleich bin ich misstrauischer geworden. Nein – ich glaube nicht der Propaganda politischer Gruppierungen. Und auch nicht der religiöser Gruppierungen. Ich glaube auch nicht alles, was die Werbung mir einreden will. Ich nehme ernst, was ich sehe, was ich erlebe. Und ich habe ein sehr feines Sensorium dafür entwickelt, wenn man versucht, mich zu manipulieren. Und ich bin auch dafür, der Ukraine mit Waffenlieferung zu helfen: Aber nicht, weil ich Putin hasse, sondern weil ich Mitgefühl empfinde für den Schwachen.

8 Die Liebe hört niemals auf, wo doch das prophetische Reden aufhören wird und das Zungenreden aufhören wird und die Erkenntnis aufhören wird.“

Die Liebe hört niemals auf“! Bis zu meinem letzten Atemzug habe ich die Möglichkeit, mich mit ihr zu verbünden, in ihr und aus ihr heraus zu leben. Was heißt bis zum letzten Atemzug? Die Liebe wirkt über den Tod hinaus. Die Werke der Liebe vergehen nicht. In liebevollem Gedenken bleiben sie in uns – auch wenn der Mensch, von dem wir die Liebe empfangen haben, längst vergangen ist. In den Werken seiner Liebe lebt er in uns weiter und in den Werken unserer Liebe leben wir weiter. Ich denke dabei auch an ganz konkrete und sehr sinnenfällige Werke unserer Liebe: unsere Kinder! Und glücklich die Kinder, die wirklich in Liebe gezeugt wurden und in Liebe aufwachsen dürfen.

9 Denn unser Wissen ist Stückwerk, und unser prophetisches Reden ist Stückwerk.“

Wie wahr! In der Liebe können wir die Relativität unseres eigenen Erkennens einsehen. Damit sind wir geschützt vor der Gefahr, unseren eigenen Standpunkt absolut zu setzen. Und gerade so bleiben wir offen für weiteres Verstehen.

10 Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören.“

Die Liebe ist schon jetzt ein Abglanz des Vollkommenen. In der Liebe leuchtet die Ganzheit auf: Die Liebe eint das Zerstreute, verbindet die Gegensätze, vermischt polares Denken. In wirklicher Liebe gibt es keine Spaltungen. Zu dem verbreiteten Gut-Böse-Denken ist die Liebe nicht fähig..

11 Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie ein Kind und war klug wie ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, tat ich ab, was kindlich war.

Als Kind liebt man anders denn als Erwachsener. Als Kind braucht man gute Spaltungen, die Ordnung ins Leben bringen: Die kindliche Welt ist eine Welt voller guter Feen und gerechter Helden auf der einen, und böser Zauberern und Ungeheuer auf der anderen Seite, die miteinander im Streit liegen. Für ein gesundes Aufwachsen ist das Gefühl wichtig, auf der guten, auf der richtigen Seite zu stehen. Was richtig ist, wird von den Eltern und Erziehern vorgegeben. Kinder haben keine Wahl: Sie nehmen das auf, was sie erleben und was ihnen vorgelebt wird.

So ist es ein großes Glück für das Aufwachsen eines Kindes, glaubwürdige Vorbilder in Form von Eltern und Lehrern zu haben. Ansonsten fehlt einem der Kompass, den wir brauchen, um die Frage nach dem eigenen Lebenssinn zu beantworten. Leben wird als leer und wertlos erlebt. Entsprechend lieblos, ja „hässlich“ gehen wir dann mit unserem Leben und dem Leben der Anderen um.

12 Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann werde ich erkennen, wie ich erkannt bin.

Paulus verwendet für das Wort „dunkles Bild“ den griechischen Begriff Ainigma. Das heißt eigentlich „Rätsel“. Eben dieses Wort wird im Ödipusmythos gebraucht: Das „Rätsel“ der Sphinx. Die Rätsel-Frage lautet: Was ist das: Am Morgen geht es auf vier Beinen, am Mittag auf zwei am Abend auf drei? Antwort: der Mensch!

Wenn es mir gelingt, hinter meine Erwartungen und Vorurteile zu schauen, dann sehe ich – mich, den Menschen, meine nackte Existenz – als Rätsel, als dunkles Bild. Und vor allem: als Bündel voller Angst! Es bedarf der Liebe, diesen Blick „hinter die Kulissen meiner Gedanken“ überhaupt zu wagen; es bedarf des Blickes der Liebe, der allein in der Lage ist, die tosenden namenlosen Ängste in meinem Inneren zu erblicken und auszuhalten. Meine stückweise Erkenntnis ist unmittelbares Resultat dieser Ängste, die mich zwingen, die Welt in gut und böse zu spalten. Durch diese Ur-Spaltungen bekommen meine Ängste einen Namen. Und diese Benennung verleiht mir Sicherheit.

Die Liebe hebt diese Sicherheiten wieder auf. Die Liebe verbindet dort, wo die Spaltungen sind, die Liebe baut Brücken dort, wo die Gräben sind. Das macht sie so gefährlich. Die Liebe ermöglicht den kleinen und großen Grenzverkehr. Darüber freuen sich natürlich auch die Schmuggler. Das verblüffende ist nur: Je tiefer wir in der Liebe leben, desto mehr erübrigt sich das Schmuggeln von selbst. Anders ausgedrückt: In der Liebe brauche ich weder Gebote noch Verbote, brauche ich keinen Zwang zur Tugend – in der Liebe lebe ich in Gott und Gott lebt in mir.

In der Liebe gilt: „Ich erkenne, wie ich erkannt bin…“

Paulus sagt: „dann“ werde ich erkennen, wie ich erkannt bin. Die Mystiker sagen: „dann“ ist „jetzt“. Dann ist immer dann, wenn du dich aufgibst. Wenn du dein Leben loslässt: Wie es im heutigen Evangelium geheißen hat: „Wer sein Leben retten will, wird es verlieren. Wer es aber verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen, wird es retten.“ Das ist kein Aufruf zum Märtyrertum. Das ist ein Aufruf, sich ganz in die Hände Gottes fallen zu lassen. In die Hände eines mitfühlenden und mitleidenden Gottes. In die weit ausgestreckten Arme eines vor und von der Welt verspotteten und gekreuzigten Gottes. In die Hände eines menschlichen Gottes, dem kein Leid und kein Schmerz fremd sind. In die Hände eines scheinbar von Gott selbst verlassenen Gottes! In diesem Geschehen gebe ich alles aus der Hand, woran bis lang mein Herz hing. Und bekomme scheinbar nichts dafür.

Jesus Christus – der „Idiot“!

So gesehen ist Nachfolge, wirkliche Nachfolge ein idiotisches Unterfangen.

13 Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“

Glaube als Vertrauen, Hoffnung als Zuversicht und Liebe als Hingabe – das sind die Wachstumskräfte derer, die sich in Gott hinein fallen lassen. Die Liebe aber ist insofern die „größte“ unter den dreien, als sie die Hingabe in und an Gott vollzieht. Ohne Liebe bleibt alles nur Theorie; ohne Liebe nützen die klügsten Gedanken nicht, weil sie unverwirklicht bleiben.

Und ohne Liebe bleibt auch Gott selbst ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. Erst in der Liebe vollendet sich Gott selbst, erst in der Liebe verwandelt sich die Ohnmacht des Vaters im Angesicht des Todes seines eigenen Sohnes in ein dauerhaftes Aufeinander-Bezogen-Sein im Heiligen Geist. Augustinus nennt den Heiligen Geist das „vinculum caritatis“, das „Band der Liebe“.

Und solange ich mit diesem Band verbunden bin, bin ich sicher. Sicher gebunden in Gott, in dem Gott, der Liebe selbst ist, AMEN.

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